Der Kivu See bildet traditionell die Grenze zwischen DR Kongo und Ruanda. An dieser Grenze spielen sich seit Jahrzehnten schwere Konflikte ab. Die Vielschichtigkeit des Konfliktes ist für Außenstehende zum Teil schwer begreiflich. Diverse Ethnien leben im Bergregenwald und in den Städten um den See, die zu verschiedenen Zeiten – auch und besonders während der Kolonialisierung – unterschiedlich bevor- oder benachteiligt wurden. Die Spannungen um den Kivusee in der Demokratischen Republik Kongo sind eng mit dem Genozid in Ruanda und den drei Kongokriegen verbunden. Der Völkermord der Hutu an den Tutsi 1994, mit bis zu 1 Millionen Toten in 100 Tagen, prägt die Region bis heute als erschütterndes Trauma und gilt als eine der schlimmsten humanitären Krisen des späten 20. Jahrhunderts. Das Ereignis führte zu einer Verschärfung der ethnischen Spannungen und Gewalt.
Im Anschluss verschärften der erste und zweite Kongokrieg den Konflikt weiter, da Nachbarländer wie Ruanda und Uganda in die Auseinandersetzung verwickelt waren und bewaffnete Gruppen um territoriale Kontrolle und Ressourcen kämpften. Der Kivusee und seine umliegenden Gebiete wurden zu einem Brennpunkt für Gewalt, Vertreibungen und Ausbeutung von Ressourcen wie Gold, Coltan und anderen Mineralien. Dies führte zu weiteren Konflikten und einer anhaltenden humanitären Krise in der Region. Trotz Bemühungen um Frieden und Stabilität bleibt der Konflikt um den Kivusee eine komplexe Herausforderung, die eine umfassende politische Lösung erfordert, um die zugrunde liegenden Ursachen anzugehen und langfristigen Frieden zu erreichen.
Kaffee wurde lang vorher, bereits 1940, von den belgischen Kolonialisten eingeführt, die erkannt hatten, dass in dem lokalen Klima Bourbon prächtig gedieh. Mit den drei Kongokriegens ist dann die kongolesische Kaffeeproduktion seit Mitte der 1990er aber stark eingebrochen. Im Jahr 2011, kurz vor dem Ausbruch des zweiten Kongokrieges, gründete Gilbert Makele auf der Insel Idjwi die „Cooperative des Planteurs et Negociants du Cafe au Kivu“, die Kooperative der Kaffeeproduzierenden und Kaffeehändler*innen von Kivu. Sein Ziel ist, mit der Arbeit Menschenleben zu retten, gegen Armut zu kämpfen und Tierarten zu schützen. Heute ist die Kooperative weit über die Ländergrenzen hinaus ein geschätzter Partner für Rohkaffee in Premium und Spezialitätenqualität. Jedes Jahr exportiert die Kooperative um die 3 Containerladungen je 20t. Über 2.000 Angestellte, davon 317 Frauen und 278 ehemalige Rebellen, haben in der Kooperative eine neue Perspektive kennen gelernt. Gilbert ist eine Koryphäe der Region: Als bekennender Pazifist mit B.A. in Geologie und einer Agrarausbildung in Deutschland, prägt er nun seit fast 2 Jahrzehnten die regionale Gesellschaft zum Positiven.
Abbildung 1: Exportfähige Kaffeeproduktion 1990 bis 2018 (Gobal Press Journal 2018, Grafik von ICO. Online abrufbar hier)
Die Insel Idjwi auf dem Kivusee und die Arbeit von Gilbert und den Kooperativenmitgliedern stehen für Hoffnung. Wir in Europa können uns die Härte der Lebensumstände der Menschen in Kivu kaum vorstellen. Nach Jahrzehnten schrecklicher Gewalt in einem ewigen Teufelskreislauf von Blutrache gibt SCPNCK Rebellen eine Ausstiegschance und Flüchtlingen die Möglichkeit auf eine friedliche Existenz. Bis heute ist für die Konfliktparteien rund um den See die Idjwi Insel nicht von großer strategischer Bedeutung, weshalb das Eiland vom Krieg verschont bleibt. Doch diese Abgeschiedenheit, die den Frieden erhält, bringt auch die großen Herausforderungen für die Kaffeeproduzierenden hervor: Alle Waren müssen teuer mit dem Boot gebracht werden, die Inselwirtschaft ist weitestgehend vom Festland abgeschnitten, es herrscht hohe Arbeitslosigkeit und Armut, es gibt zu wenig Strom (auch wenn Kleinwasserkraftwerke diese Situation verbessern).
Gilbert glaubt weiter an seine Mission. Dafür betreibt er anspruchsvolle Diplomatie: er betreut die Kooperative, bespricht sich mit lokalen Politiker*innen, ist Ansprechpartner für Regierungs- und Nichtregierungsprojekte, reist auf Coffee Festivals und vieles mehr. Wir freuen uns, Teil dieser inspirierenden Arbeit zu sein und präsentieren stolz den Kaffee von SCPNCK – einen Organic zertifizierten Spezialitätenkaffee, der in der zerrütteten Kivuregion Hoffnung und Frieden schafft.
*Für diesen Artikel haben wir auf die Arbeit unserer Praktikantin Leona Uetz zurückgegriffen, die im Rahmen ihres Studiums „Empirische Kulturwissenschaft und Französisch“ im Jahr 2021 ein 6-wöchiges Praktikum bei cumpa absolviert hat. Hierbei hat sie mit Mitarbeitenden von SCPCNK Gespräche geführt und zu den Themen Kivu und Kaffee geforscht.