Eine Papayapflanze und Wolkenkratzer in Panama Stadt, 2024.
Unser viertes Kaffee Origin ist Panama. Und wir starten direkt mit Canephora. Richtig gelesen! Nachdem wir einige Zeit mit den Canephora-Pionieren von Kiva Estate in Kontakt waren, ergab sich Anfang 2024 die Gelegenheit für einen Besuch. Wir verbrachten einige Tage zusammen im zentralamerikanischen Land der Kontraste.
Panama verbindet als eigentlich kleines Land die ganze Welt miteinander: den Pazifik mit dem Atlantik, Südamerika mit Nordamerika, Asien mit Europa. Die panamaische Gesellschaft könnte diverser kaum sein. Sie entspringt indigenen Ureinwohner*innen, europäischen Kolonialist*innen, afrikanischen Sklav*innen und Migrant*innen aus der ganzen Welt. Christentum, Judentum, Islam, Atheismus, schamanische Glaubensrichtungen und Naturreligionen koexistieren. Man verdient Geld in der Finanzindustrie, IT, Krypto, Handel, Logistik, Produktion oder eben auch nachhaltiger Landwirtschaft. Im kleinen Panama, dem Nabel der Welt, scheint nichts unmöglich.
Panama Stadt stellt diese Hyperkomplexität besonders eindrucksvoll zur Schau. Wolkenkratzer strecken sich in die Höhe, neben ihnen stehen Kolonialbauten, die sich Engländer*innen und Spanier*innen abwechselnd gegenseitig abgeluchst haben. Der Urwald reicht bis an den Stadtrand. Indigene verkaufen Handwerkskunst am Stadtstrand. Im Küstenwald vor der Stadt zwischen den Bäumen steht noch ein steinerner Turm, den der walisische Freibeuter Henry Morgan erbaute, nachdem er im 17. Jahrhundert Panama erobert hatte. Jeder Quadratmeter erzählt eine andere der vielen karibisch-abenteuerlichen Geschichten Panamas.
Der Panamakanal ist die wohl bedeutendste Errungenschaft Panamas. Durch ihn werden, neben Kreuzfahrtschiffen und Jachten, jedes Jahr 285 Millionen Tonnen Güter bewegt. Das entspricht ungefähr der Masse von zwei Empire State Buildings, jeden Tag.
Panama ist etwas kleiner als Österreich. Seine verschiedenen Facetten liegen dicht gedrängt und sind, verglichen mit den riesigen Ländern in Süd- und Nordamerika, schnell erreichbar. Hat man keine Lust auf den Trubel von Panama Stadt, dann kann man sich einen malerischen Karibikstrand gönnen. Und am nächsten Tag einen Strand am Pazifik. Und am Tag drauf in den Bergen an der Grenze zu Costa Rica mit etwas Glück Geshas schlürfen. Schon längst sind nicht nur die Kaffees unbezahlbar, sondern auch die Grundstückspreise in der Region lassen uns die Ohren schlackern.
Auch als Kaffeeimporteure haben wir zu den privaten Kaffeeauktionen in den teuersten Resorts des Landes keinen Zugang. Hier kaufen die Könige, Kaiser, Scheichs und Milliardäre der Welt ihren Kaffee ein. Preis spielt keine Rolle. Man berichtet uns, auch der japanische Kaiser schicke jedes Jahr seinen persönlichen Kaffeeverkoster, der dann jede Gesha Pflanze einzeln verkoste. Wir sind im VIP Land des Kaffees angekommen.
In Panama Stadt sind wir mit unseren Partner von Kiva Estate verabredet, in der Mikrorösterei „Mentiritas Blancas“ – weiße kleine Lügen. Ich bin mit Absicht eine Stunde zu früh und will schon vorab das Café kennenlernen. Das Ambiente ist sympathisch und nahbar. Unter der Kundschaft herrscht maximale Diversität. Die Baristas bedienen gleichermaßen freundlich Backpacker, digital Nomads, Geschäftsessen, Dates oder einfach nur Kaffee Connosieurs. Auf der Speisekarte finde ich ausgewählte Speisen und dann 4 Seiten voller Kaffeesorten. Wow! Ich bekomme eine Gänsehaut, als ich das Kaffeemenü lese, und frage mich, wie diese Vielfalt im Angebot funktionieren soll. Dann erklärt mir die Barista, dass alle Sorten frisch geröstet sind. Die gerösteten Kaffees stehen in ~10g Beuteln in einem einsehbaren Gefrierschrank, jederzeit fertig für die Zubereitung.
Ich entscheide mich erstmal für eine Eugenioides, dann für eine anaerob dry fermentation Paracaturra und schlussendlich für den Kaffee, für den ich eigentlich hier bin: den anaerobic slow dried (ASD) Robusta von Kiva Estate. Alle drei Kaffees sind auf den Punkt perfekt. Die Bedienung ist freundlich, schnell, professionell, und nahbar. Würde ich so einen Kaffee in Europa serviert bekommen, bekäme ich vermutlich erstmal einen Vortrag, was ich alles AUF KEINEN FALL machen darf, wenn ich ihn trinke.
Ich schlürfe vorsichtig von meinen drei Tassen und wünschte, ich hätte dieses Café in Deutschland. Wie gerne ich diese Erfahrung mit allen meinen lieben Mitarbeitenden, Kund*innen und Kaffeekolleg*innen teilen würde!
Meine Freunde von Kiva Estate in das Café treten lachend in das Café und unterbrechen mein Sinnieren. Es ist Zeit, Geschäfte zu machen. Es ist Zeit für Canephora.