Obwohl Peru nahe dem Äquator liegt, gibt es in dem Land Gletschergebiete. Ganze 71% der weltweiten tropischen Gletscher befinden sich in Peru, auf eisigen Höhen von über 5.000m Höhe. Ihre uralten Wasserspeicher bilden wichtige Quellen für den wasserreichsten Fluss der Welt: den Amazonas. Dessen größter und wasserreichster Quellfluss ist der Fluss Marañón.
Er fließt von seiner Quelle im peruanischen Huayhuash Gletscher bis zur Mündung des Amazonas in den Atlantik insgesamt 1905km durch die verschiedenen Landschaftsformen des südamerikanischen Kontinents. Im Bergregenwald Nordperus strömt der Marañón am Dorf „Gracias a Dios“ vorbei. Hier leben Germán Carranza und seine Familie.
Germán ist in vieler Hinsicht besonders. Mit seiner freundlichen, kommunikativen und verbindlichen Art hat er es geschafft, selbstständig Freundschaften über Ozeane aufzubauen. Über einen größeren Händler schaffte er es, seinen Rohkaffee nach München zu verkaufen. Alle waren begeistert von Germáns Engagement. Schon bald kam Germán auf cumpa zu und wir begannen eine freundschaftliche Korrespondenz.
Als Friedhelm von Röstkammer im Jahr 2019 gemeinsam mit uns Moyobamba in Peru besuchte, scheute Germán keine Mühen, um Friedhelm persönlich zu treffen. Dafür reiste er nächtlich über 7 Stunden die gefährliche Bergstraße durch den Regenwald von Gracias a Dios nach Moyobamba. Wir waren schwer beeindruckt von seinem Einsatz und hatten alle zusammen eine super Zeit in Moyobamba. Seitdem stehen wir in ständigem Kontakt, unterhalten uns jeden Monat mehrere Stunden, per Telefon und bei Besuchen.
Ab 2020 fingen wir an, zusammen zu arbeiten. Dafür kauften wir erste Microlots von Germán und seiner Familie. Sie bestellen gemeinsam 9 Hektar Kaffee, was für peruanische Verhältnisse ziemlich viel ist. Dabei achtet Germán gleichermaßen auf Innovation, Umweltverträglichkeit und soziale Verantwortung. Bei der Kultivierung wendet er ausgeklügelte Systeme an: Die Pflanzen stehen in terrassenartigen Reihen. Die Schattenbäume sind gezielt ausgewählt und platziert.
Als einer der ersten in Peru besorgte er über Kontakte die Castillo Varietät, noch einige Jahre bevor sie in Peru legalisiert wurde. Überhaupt, wenn es um neue Varietäten in Peru geht, hat Germán die Nase ganz vorne mit dabei. Er hat auch erfolgreich schon eigene Varietäten kultiviert und vermarktet, wie seine Bourbon-Mutation „Tres Cogollos“.
Auch das Processing von Germáns Kaffees ist komplex. Der Prozess für einen „normalen“ gewaschenen Kaffee von Germán sieht ungefähr so aus: Die geernteten Kaffeekirschen werden zunächst in einem Wasserbecken gesäubert und von Schwimmern befreit. Dann werden die Kirschen in Plastiksäcke verpackt und fermentiert. Nach der Fermentation wird der Kaffee mit einer kolumbianischen Maschin depulpt, um danach nochmals im Plastiksack fermentiert zu werden. Beide Fermentationen nehmen mehrere Tage in Anspruch. Wenn Zuckergehalt, Geruch und Temperatur des fermentierten Kaffees stimmen, wäscht Germán den Zuckerschleim von den Kaffeesamen ab. Dafür nimmt er Quellwasser von einem Bach auf seinem Grundstück. Das Abwasser wird mit einer organischen Reinigungsanlage entsäuert, bevor es abgeleitet wird. Auch dieses Wasser wird zunächst in den Marañón und später in den Amazonas fließen, bevor es letztendlich in den Atlantik mündet.
Den gewaschenen Kaffee trocknet Germán in seinen Trockenbetten. Leider wird das Klima auf dem Hügel immer unbeständiger, die Trockenzeit oft von wochenlangen Regenfällen unterbrochen. Deshalb musste Germán eine Trockenanlage am Flussufer des Marañón bauen. Das Klima hier ist wüstenhaft und steht im Kontrast zum feuchten Klima auf dem Hügel.
Es ist beeindruckend, wie weit Germáns Horizont reicht, trotz seiner Abgeschiedenheit. Das Wichtigste sind Germán seine Tochter, seine Frau und seine Familie. Danach kreisen seine Gedanken um den Kaffee.
Wie kann er gewährleisten, dass Kaffee die Lebensqualität seiner Familie langfristig verbessert? Wie kann er die Qualität des Kaffees verbessern? Wie kann er besser und mehr produzieren? Wie kann er stabile, belastbare Freundschaften mit Kund*innen aufbauen? Wir sind stolz, dass Germán uns ausgewählt hat, seine Vertriebspartner in Europa zu sein. Längst verkauft er seine Microlots selbstständig auch in die USA und nach Kanada. Dafür nutzt er die Reichweite seines Netzwerkes an Kaffeeexpert*innen, das lokal im Dorf beginnt und sich durch die regionale und nationale Kaffeeindustrie bis auf die ganze Welt erstreckt.
Germán steht für eine neue Generation von Kaffeefarmer*innen, die überragende Qualität produzieren und sich als selbstständige Geschäftsleute betrachten. Sein Auftreten ist selbstbewusst. Er weiß, dass seine Kaffees Raritäten sind.
Als Produzent und Exporteur kann er bestimmen, an wen er zu welchem Preis verkauft. Alle Prozesse von der Finca bis zum Hafen kennt und kontrolliert er. Wir sind gespannt, wohin Germáns Kaffee-Karriere noch führen wird und freuen uns, Teil von ihr zu sein.