Gastbeitrag: Zanya – Vietnamesischer Arabica vom Fuße des Lang Biang Mountain

Kürzlich hat unser geschätzter Partner Hoppenworth & Ploch einen spannenden Artikel über Vietnamesische Arabica Kaffees veröffentlicht. Dieser dreht sich nicht nur um den Vietnamesischen Arabica Kaffee im Allgemeinen, sondern auch um unseren langjährigen Partner Zanya Coffee. Am Fuße des Lang Biang bauen Lim und Marian mit viel Leidenschaft und Können feine Spezialitätenkaffees an, die nun auch in das Sortiment von Hoppenworth & Ploch Einzug gefunden haben. Mehr über Vietnamesischen Arabica, die Region rund um Lang Biang sowie unsere Partner Zanya Coffee erfahrt ihr im von David Maneke verfassten Artikel.


Gastbeitrag: Zanya – Vietnamesischer Arabica vom Fuße des Lang Biang Mountain

Eine kurze Geschichte des Arabica-Anbaus in Vietnam

Wie in so vielen kaffeeproduzierenden Ländern ist die Geschichte des vietnamesischen Kaffeeanbaus eng mit der Kolonialgeschichte des Landes verwoben. Die ersten Kaffeepflanzen wurden unter französischer Kolonialherrschaft bereits Mitte des 19. Jahrhunderts eingeführt. Während dieser ersten Versuche, Kaffeeanbau in Vietnam zu etablieren, wurde noch ausschließlich Arabica angebaut, erst mit Beginn des 20. Jahrhunderts wurde Robusta in Vietnam eingeführt. Das hat so gut funktioniert, dass bis zum heutigen Tage Robusta die dominierende Kaffeepflanze in Vietnam ist – rund 97% des vietnamesischen Kaffeeanbau entfällt auf Robusta. Arabicas in Vietnam fristen also ein Dasein im Schatten ihrer deutlich widerstandsfähigeren Verwandten.

Dabei haben die französischen Kolonialherren durchaus Anstrengungen unternommen, um Arabica-Anbau in Vietnam zu etablieren. Unter anderem wiesen sie Flächen aus, die für experimentellen Anbau genutzt werden sollten, damit man ein größeres Wissen um die Anbaubedingungen in Vietnam erhalten könnte. Eine dieser Flächen wurde am Fuße des Lang Biang Mountains gefunden, wo spezielle klimatische Bedingungen herrschen. Dort wurden Kaffeefelder angelegt, deren Zweck darin lag, die Wachstumseigenschaften verschiedener Varietäten zu ergründen. Vor diesem Hintergrund wurde dort nicht, wie sonst in Vietnam fast ausschließlich üblich, die Varietät Catimor angebaut, sondern auch Caturras, Typicas und Bourbons auf dem gleichen Feld – teilweise wurden Pflanzen unterschiedlicher Varietäten direkt nebeneinander gepflanzt. Das führte in der Folge zu spontanen Kreuzungen und einem einzigartigen genetischen Pool – es lässt sich heute nicht mehr nachzeichnen, welche Kaffeepflanze Genmaterial welcher Varietät in sich trägt, das Ergebnis ist ein einzigartiger Mix aus allen angebauten Varietäten.

Marian Takač – der Processing Wizard vom Lang Biang

Und dort, am Fuße des Lang Biang, liegt die Farm von Marian und Lim. Marian hat sich mit bemerkenswerter Hingabe und Fleiß einen Ruf als „Processing Wizard“ erarbeitet – dabei arbeitet er seit gerade einmal fünf Jahren im Kaffeeanbau. Eigentlich war er nur mit ein paar Freunden in Vietnam auf Reisen, bis er seine heutige Frau Lim kennengelernt hatte und entschied, in Vietnam zu bleiben. Lim gehört der ethnischen Minderheit der K´Ho an, einer traditionell landwirtschaftlich tätigen Gruppe, ihre Familie baut Kaffee an. Anstatt den Kaffee aber selber aufzubereiten, musste die Familie die geernteten Kaffeekirschen unverarbeitet an Großhändler verkaufen.

Es ist global ein oft beobachtetes Phänomen, dass gerade die KaffeefarmerInnen aus unterschiedlichen Gründen keinen adäquaten Zugang zu Wissen darüber haben, wie sie ihre Rolle innerhalb der Lieferkette über ihre Arbeit stärken können. Marian sah mit an, wie die Familie die von ihnen geernteten Kaffeekirschen zu sehr niedrigen Preisen an Großexporteure verkaufen musste, um ihr Einkommen zu sichern; und er sah, wie diese Dynamik eine ganze Region in Armut hielt. So begann er, sich intensiv mit Aufbereitung zu beschäftigen, um einen entscheidenden Schritt der Wertschöpfung selber kontrollieren zu können. Heute liegt Marians Fokus fast ausschließlich auf Aufbereitungstechniken; um die eigene, sehr überschaubare, Ernte zu erweitern, kauft er die Kaffeekirschen der umliegenden Familienmitglieder auf, um sie selber aufzubereiten – so gibt er Teile der von ihm erwirtschafteten Wertschöpfung an die Gemeinschaft weiter.

Eine der entscheidenden Machtdynamiken in der Kaffeeproduktion verläuft anhand der Frage, wer die Preise beeinflussen kann. Wenn der Kaffee eine gewisse Qualität erreicht, entzieht er sich dem hochspekulativen Umfeld des Weltmarkthandels und wird verfügbar für den Spezialitätenhandel. Hier ist die Preisfindung nicht von einem börsennotierten Nominalpreis abhängig, sondern vornehmlich von der Qualität. Wenn also KaffeeproduzentInnen sich dem Aufwand verschreiben, der für den Anbau hoher Kaffeequalitäten notwendig ist, werden sie mit einer besseren Preiskontrolle belohnt – das ist der Hebel, den Marian sich zunutze gemacht. Der von ihm produzierte Kaffee garantiert nun ein höheres Einkommen für die ganze Familie.

Kaffeeernte im Angesicht von Corona-Pandemie und Klimawandel 

Gegen andere Widrigkeiten ist er allerdings auch nicht gefeit. In der zurückliegenden Ernte wurden die Effekte von gleich zwei globalen Problemen deutlich bemerkbar. Einerseits führten die Einschränkungen, die mit der COVID19-Pandemie einhergingen, zu großen Schwierigkeiten für die KaffeeproduzentInnen Vietnams. Der Lockdown in Vietnam wurde sehr rigoros durchgesetzt, bis weit in die Erntesaison war es KaffeeproduzentInnen und ErntehelferInnen untersagt, ihr Haus für die Feldarbeit zu verlassen. Andererseits führt auch der globale Klimawandel zusehends zu unübersichtlichen Wetterlagen, die die Ernte praktisch deutlich erschweren. Bis weit in die Erntezeit hinein war die Region von starken Regenfällen betroffen, so dass die am Berg liegenden Felder über die zu ihnen hinführenden unbefestigten Straßen lange erheblich schwerer zu erreichen waren. Als dann schließlich die Ernte angefangen werden konnte, agierten viele FarmerInnen mit großer Hast, aus Angst davor, dass ein neuerlicher harter Lockdown die Ernte auch schnell wieder unterbrechen könnte.

Die angesprochenen Corona-Einschränkungen hatten den Effekt, dass kleinere Mengen als üblich geerntet werden konnten. Um trotzdem auf ihre Mengen zu kommen, begannen Großhändler, einzelnen BauerInnen zu einem vergleichsweise hohen Preis die geernteten Kaffeekirschen direkt von der Farm abzunehmen – eine Möglichkeit, die in dieser unübersichtlichen Gemengelage auch von vielen Familienmitgliedern Marians wahrgenommen wurde. Für ihn blieb nicht mehr allzu viel übrig: statt 10 Tonnen Kaffee, wie es ursprünglich geplant war, konnte er im Zuge dieser Ernte nur 3 Tonnen auf den Markt geben.

Rosige Aussichten – Die Zukunft von Arabicas in Vietnam

Die Ernte 2021/2022 verlief in vielerlei Hinsicht heikel für die vietnamesischen ProduzentInnen. Doch die mittelfristigen Aussichten für Arabica-Anbau in Vietnam sind verheißungsvoll. Zwar wird Arabica in absoluten Mengen auf absehbare Zukunft nicht mal in die Nähe dessen kommen, was der Robusta-Anbau für die vietnamesische Volkswirtschaft bedeutet; die Wachstumspotenziale der Nische sind allerdings recht hoch. Denn in Vietnam selbst entwickelt sich insbesondere in den Großstädten langsam auch ein kleines aber passioniertes Milieu von Specialty Coffee KonsumentInnen. Und so macht sich ein Effekt bemerkbar, der auch in vielen anderen kaffeeproduzierenden Ländern beobachtet werden kann: wenn im Land selber der Konsum steigt, steigt auch die Wertschätzung des Ausgangsprodukts. ProduzentInnen lernen, den Wert und die Qualität ihrer Arbeit besser einzuschätzen und öffnen sich, wie Marian, neuen Techniken die einen Schritt der Wertschöpfungskette in der Hand der ProduzentInnen hält. Diese Entwicklung steckt in Vietnam noch in den Kinderschuhen, doch sie ist angestoßen. Und es ist dem Einsatz von ProduzentInnen wie Marian und Lim zu verdanken, dass vietnamesische Arabicas in den nächsten Jahren zunehmend sichtbar im Specialty Coffee Markt werden.


Ein Gastbeitrag von David Maneke, Hoppenworth & Ploch | Link zum Original-Artikel

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