Die „Arabica vs. Robusta“ Narrative entkoppelt die Industrie von der Wissenschaft

Canephora deserves more botanical justice (Dall-E, 2025)

Es ist an der Zeit, die Spezies Canephora zu akzeptieren, bevor es alle Coffea zum Familiengericht bringt.

Arabica ist eine Art. Robusta ist keine. Es ist nur eine Sorte von Canephora. Die Gleichsetzung von Arabica und Robusta zur Beschreibung des Kaffeemarktes schafft taxonomische Verwirrung und verzerrt die Wahrnehmung der Verbraucher. Wenn wir einen Kaffeeteilmarkt nach Coffea-Arten benennen, müssen wir das auch für alle anderen tun. Konsistenz ist wichtig.

Keine große Sache? Ist es aber.

Die falsche Kennzeichnung „Robusta“ verzerrt globale Standards, Qualitätsbewertungen und Handelsvorschriften. Durch die Abkopplung des Handels von der Wissenschaft werden sowohl die Forschung als auch das Marktwachstum behindert. Eine milliardenschwere Industrie stützt sich auf Definitionen, die Arabica bevorzugen, und hat Auswirkungen auf Millionen von Landwirt*innen und Verbraucher*innen weltweit.

Unreife Canephora Kirschen in Espirito Santo, Brasilien. Botanisch gehört Conilon zu Coffea Canephora var. Kouilou – erst die Kaffeeindustrie dichtet hier ein „Robusta“ dazu.

Was dieses Missverständnis noch schlimmer macht als z. B. das „Es ist ein Samen und keine Bohne“-Missverständnis, ist seine Asymmetrie: Es verleiht Arabica Autorität und Legitimität, während es Canephora in engen Stereotypen gefangen hält. Einem Teilmarkt des Kaffees (Canephora, einschließlich Robusta) wird Wert entzogen und auf den anderen Teilmarkt (Arabica) übertragen.

„Aber die Leute kennen Canephora nicht. Robusta ist leichter zu merken. Er wurde schon immer Robusta genannt. Das ist eine historische Sache.“

Wenn historische Konventionen zum letzten Mittel gegen den Fortschritt werden, bleiben wir im Traditionsgerede stecken. Opfert die Kaffeeindustrie ihre Transparenzwerte für eine gemütliche Robusta-Nostalgie?

Stell Dir einen kongolesischen Farmer vor, der „Petit Kwilu“ anbaut. Die komplexe ursprüngliche Identität des Produkts wird durch die Bezeichnung „Robusta“ ausgelöscht. Und die Industrie wird das nicht in Frage stellen – dieser Coffea canephora var. Kouilou-Kaffee wird am Ende als 100% Robusta zertifiziert. Der technische Fehler wird von der Industrie mit geschlossener Meinung kurzerhand ignoriert.

Die Trivialisierung der Vielfalt von Coffea canephora durch die falsche Robusta-Etikettierung löscht kulturelles Erbe aus, zerstört die Vielfalt und schmälert den sozialen und wirtschaftlichen Wert von Coffea canephora. Eine Realität, die in den Marktmechanismen der Kaffeeindustrie zementiert sind, seit Canephora zu Beginn des 20. Jahrhunderts in Teil von ihr wurde.

Als wertlos abgetan zu werden, ist für die Spezies nichts Neues. Die Reise von Canephora begann auf dem Höhepunkt der kolonialen Ausbeutung. Ihrer Identität beraubt und von den europäischen Eroberer*innen mit generischen Namen trivialisiert, wurde sie von den Unterdrückten produziert. Arabica hingegen hatte zu diesem Zeitpunkt bereits einen anderen Weg in die europäische und westliche Konsumkultur gefunden. Seit Jahrhunderten mit kulturellem Prestige behaftet, wurde sie in ostafrikanischen Gesellschaften in Ritualen zelebriert und durch den islamischen Handel globalisiert. Diese gegensätzlichen Ursprünge schufen ein Machtungleichgewicht, das bis heute die Erzählungen der Industrie prägt und Canephora im Schatten hält.

Da die Menschheit mit einer Klimakrise konfrontiert ist, erhält Canephora mehr Aufmerksamkeit. Sie erweist sich als sehr komplex, dynamisch und anpassungsfähig. Botaniker*innen vermuten, dass sie sich durch Speziation zu einer eigenen Gattung entwickeln könnte.

Ironischerweise würde Robusta in diesem Fall NICHT automatisch zu einer Kaffeespezies werden. Robusta müsste möglicherweise weiterhin eine Varietät bleiben oder eine Unterart werden, so dass die lang gehegten Träume der Branche von einer eigenen Robusta-Spezies unerfüllt blieben. Autsch!

Stell dir eine künftige Kaffeeindustrie vor, die auf der Gattung Coffea und der Gattung Canephora innerhalb der Familie der Rubiaceae aufbaut, statt auf den derzeitigen Arabica- und Canephora-Spezies innerhalb der Gattung Coffea.

Bei der Aufteilung des Kaffeemarktes in Teilmärkte kann es also möglicherweise noch komplizierter werden, als im Arabica-Robusta Vergleich Robusta durch Canephora zu ersetzen, nämlich, wenn Canephora nicht mehr zu Coffea ist. Die Branche muss die botanische Wahrheit jetzt annehmen – oder sie wird möglicherweise später von Canephoras wundersamer Natur bestraft werden.

Dieser Artikel wurde verfasst von Lukas Harbig.

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