Canephoras bester Platz im Schatten

canephora plant

Der perfekte Ort zum Wachsen: Ein Kaffeegigant im Schatten

Arabica-Kaffee dominiert die Forschung, das Marketing und Gespräche über Spezialitätenkaffee, doch Robusta – wie die Welt weiterhin Canephora nennt – spielt eine weit größere Rolle in der globalen Produktion, als viele denken. Über 40 % des weltweit produzierten Kaffees gehören zur Art Coffea Canephora, und ihr Anteil wächst weiter, da der Klimawandel immer mehr Kaffeebauern dazu zwingt, auf widerstandsfähigere Sorten umzusteigen.

Dennoch hat Canephora trotz seines robusten Rufs eine paradoxe Geschichte. Während der Großteil der heutigen kommerziellen Produktion unter voller Sonneneinstrahlung in Vietnam, Brasilien und Indonesien stattfindet, gediehen seine wilden Vorfahren im schattigen Unterwuchs afrikanischer Regenwälder. Dieser Kontrast zwischen Ursprung und Anbaumethoden wirft entscheidende Fragen auf:

  • Was geschieht, wenn Canephora unter verschiedenen Schattenbedingungen angebaut wird?
  • Kann moderne Agroforstwirtschaft Vorteile für Ertrag, Biodiversität und Kohlenstoffspeicherung bringen?
  • Übersehen wir möglicherweise den Schatten als Schlüssel zu Canephoras vollem Potenzial?

Zwei aktuelle Studien: eine aus der Demokratischen Republik Kongo (DRK), wo Canephora ursprünglich entstanden ist, und eine aus Indonesien, einem führenden Produzenten hochwertiger Klone. Sie liefern neue Erkenntnisse darüber, wie sich Schatten auf das Wachstum, den Ertrag und die Umweltbilanz von Canephora-Kaffee auswirkt.

Canephora an seinem Ursprungsort: Die Studie aus der DR Kongo

Das Kongobecken beherbergt möglicherweise die bedeutendsten und vielfältigsten wilden Populationen von Canephora und ist damit der ideale Ort, um zu untersuchen, wie verschiedene Anbaumethoden diesen Kaffee beeinflussen. Forschende in der DRC analysierten vier verschiedene Canephora-Anbausysteme:

  • Monokultur: Kaffeeanbau ohne Bäume – maximiert den Ertrag, verringert jedoch die Biodiversität.
  • Kultivierte Agroforstwirtschaft: Kaffeeanbau in Kombination mit häufig verwendeten Schattenbäumen – erhält eine moderate Biodiversität.
  • Wilde Agroforstwirtschaft: Kaffee wächst zusammen mit natürlichen Waldbäumen – ahmt halb-wilde Bedingungen nach.
  • Waldkaffee: Natürlich wachsender Canephora im Unterwuchs des Regenwaldes – maximiert die Biodiversität, bringt jedoch nur geringe Erträge.

Zentrale Erkenntnisse:

Schatten hilft – aber nicht zu viel: Kaffee in wilder Agroforstwirtschaft erzielte geringere Erträge aufgrund übermäßiger Beschattung (>50%).

Agroforstsysteme speicherten bis zu doppelt so viel Kohlenstoff wie Monokulturen und erhielten deutlich mehr Biodiversität.

Monokulturen erzielten die höchsten Erträge, jedoch auf Kosten der Umwelt – mit reduzierter Bodenqualität und geringeren Kohlenstoffvorräten.

Diese Forschung zeigt, dass schattig angebauter Canephora Produktivität, Biodiversität und Kohlenstoffspeicherung in Einklang bringen kann – aber nur bei richtiger Bewirtschaftung. Zu viel Schatten verringert den Ertrag, während zu wenig Schatten die ökologischen Vorteile zunichtemacht.

Eine Geschichte von zwei Canephora-Systemen

Canephoras natürlicher Lebensraum in Afrika liefert wichtige Hinweise auf seine Beziehung zum Schatten. Doch was geschieht, wenn man ihn in eine der weltweit führenden Anbauregionen bringt – nach Indonesien?

Indonesien ist bekannt für hochwertige Canephora-Klone, die auf Ertrag, Widerstandsfähigkeit und Qualität gezüchtet wurden. Eine dort durchgeführte Studie testete drei fortschrittliche FRT (France de Torino)-Klone unter vier verschiedenen Schattenstufen:

  • Volle Sonne (0% Schatten)
  • Leichter Schatten (25%)
  • Mittelmäßiger Schatten (50%)
  • Starker Schatten (75%)

Zentrale Erkenntnisse:

25–50 % Schatten führten zur besten Pflanzenarchitektur und zum kräftigsten vegetativen Wachstum.

Zu viel Schatten (>50 %) reduzierte die Blattanzahl und das Ertragspotenzial – ähnlich wie in der Studie aus der DR Kongo.

Pflanzen im moderaten Schatten entwickelten stärkere Stängel, bessere Verzweigung und mehr Blätter – entscheidende Faktoren für eine langfristige Produktivität.

diagramm relationship plant height and shade

Die Studie aus Indonesien zeigt, dass Schatten selbst bei Elite-Klonen ein entscheidender Faktor für die Optimierung der Canephora-Produktion bleibt.

Das größere Bild: Eine globale Canephora-Strategie?

Diese beiden Studien, eine aus der Heimat von Canephora und eine aus einer seiner größten modernen Anbauregionen, liefern eine entscheidende Erkenntnis:

  • Canephora ist nicht nur eine sonnenliebende Nutzpflanze – sie gedeiht am besten in einem sorgfältig ausbalancierten Verhältnis von Licht und Schatten.

  • Moderater Schatten (25–50%) fördert Widerstandsfähigkeit, Nachhaltigkeit und wettbewerbsfähige Erträge.

  • Zu viel Schatten (>50%) verringert die Produktivität, während zu wenig Schatten die Bodenqualität und Biodiversität beeinträchtigt.

  • Agroforstsysteme können mehr Kohlenstoff speichern, vor extremen Wetterereignissen schützen und die Biodiversität auf den Plantagen verbessern.

Da der Klimawandel die globale Kaffeeproduktion verändert, könnte ein Umdenken in der Canephora-Kultivierung sowohl den Landwirten als auch den Ökosystemen zugutekommen.

Ausblick: Die Zukunft von Canephora in einer sich wandelnden Welt

Die Zukunft von Canephora hängt nicht nur von der richtigen Schattenbalance ab, sondern davon, wie Politik, Klima und Märkte die Kaffeelandschaften gestalten.

Zentrale Herausforderungen & Chancen:

  • Klimawandel: Steigende Temperaturen begünstigen Canephora gegenüber Arabica, doch extreme Wetterereignisse bedrohen alle Kaffeesysteme. Schattenbäume bieten Stabilität durch ein ausgeglichenes Mikroklima.

  • EUDR (EU-Entwaldungsverordnung): Neue Gesetze verlangen entwaldungsfreien Kaffee. Agroforstwirtschaft könnte eine Lösung sein – jedoch nur, wenn politische Entscheidungsträger ihre Vorteile anerkennen.

  • Widerstandsfähigkeit gegenüber extremem Wetter: Schatten kann Hitzewellen, Dürren und Starkregen abpuffern und so Klimarisiken für Landwirte reduzieren.

  • Einkommensdiversifizierung: Der Anbau von Canephora unter Bäumen ermöglicht es Landwirten, zusätzlich Holz, Früchte und andere Nutzpflanzen zu ernten und so ihre Abhängigkeit von schwankenden Kaffeepreisen zu verringern.

Abschließender Gedanke: Ist es Zeit für eine Canephora-Revolution?

Die Geschichte von Canephora drehte sich bisher meist um den Gegensatz zwischen Ertrag und Qualität – eingebettet in eine oft vereinfachte Robusta-Erzählung. Doch was wäre, wenn wir sie neu schreiben? Stattdessen könnte es darum gehen, wie Kaffee auf eine Weise angebaut werden kann, die sowohl den Menschen als auch dem Planeten zugutekommt.

Mit sorgfältigem Management könnte schattig angebauter Canephora – unabhängig von der Varietät – zum Vorbild für nachhaltigen Kaffeeanbau im 21. Jahrhundert werden. Er könnte höhere Widerstandsfähigkeit, bessere Einkommen für Landwirte und gesündere Ökosysteme fördern – ein echter Wandel für die Zukunft des Kaffees.

Die entscheidende Frage lautet: Kann die Kaffeeindustrie diesen Wandel annehmen, bevor es zu spät ist?

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Lukas Harbig

QUELLEN 

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International Coffee Organization (ICO). (2023, December). Coffee report and outlook: December 2023. International Coffee Organization. Retrieved March 5, 2025, from https://icocoffee.org/documents/cy2023-24/Coffee_Report_and_Outlook_December_2023_ICO.pdf

Broeckhoven, I., Depecker, J., Muliwambene, K., Honnay, O., Merckx, R., & Verbist, B. (2024). Synergies and trade-offs between Robusta yield, carbon stocks, and biodiversity across coffee systems in the DR Congo. https://doi.org/10.21203/rs.3.rs-5165806/v1

Yuliasmara, F., Sumirat, U., Wicaksono, K., & Widaryanto, E. (2022). Growth and plant architecture of several introduced Coffea canephora clones under different shade levels. Pelita Perkebunan (a Coffee and Cocoa Research Journal), 38(3), 155-170.

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