Der zweite Origin-Trip für Röstereien nach Vietnam, den wir mit cumpa im Januar 2025 organisiert haben, war eine unvergessliche Zeit. Acht Tage lang besuchten wir vier unserer Partner*Innen in Vietnam, um tief in die Welt des Kaffeeanbaus, der Aufbereitung sowie in Kultur und Kulinarik des Landes einzutauchen. Doch das Wertvollste dieser Reise bleibt der Austausch und die entstandene Freundschaft zwischen allen Beteiligten.
Am Abend vor unserem gemeinsamen Abenteuer treffen wir uns auf dem Roof-Top unseres Hotels in Buôn Ma Thuột, dem „Coffee Capital“ Vietnams. Bei entspannter Atmosphäre lernen wir uns kennen und stimmen uns auf die bevorstehende Reise ein. Mit dabei sind vier Röstereien: die Kaffeemanufaktur Würzburg, Good Karma Coffee aus Karlsruhe, Aroma Hoch 3 aus Obererlbach und Lievie Coffee aus Passau. Die Reise wird von unserem cumpa Paul und unserer langjährigen Freundin Kate organisiert, die uns vor Ort unterstützt. Die Vorfreude ist riesig – es kann losgehen!
Unsere ersten beiden Tage verbringen wir mit unserem Partner Great Cherry Robusta. Will und Toan bringen uns auf Farmen, auf denen die seltene, alte Robusta-Varietät Sẻ angebaut wird. Sie stammt aus der Zeit vor Vietnams großem Kaffee-Boom und zeichnet sich durch kleine, dichte Bohnen mit besonders betonter Süße aus. Will erzählt, dass viele FarmerInnen in der Region sich trotz der niedrigeren Ernteerträge wieder auf diese Varietät besinnen, da sie ein einzigartiges Geschmacksprofil bietet.
In der Produktionsstätte sehen wir die Aufbereitung und Trocknung der Kaffeekirschen. Viele Mitarbeitende von Great Cherry stammen aus der Êđê-Community, die stark in den Kaffeeanbau involviert ist. Ihre Kultur ist bis heute durch traditionelle Langhäuser (Nhà Dài), Naturgeisterglauben und Ernte-Rituale geprägt. Beim gemeinsamen Abendessen wird für uns aufgetischt: Spanferkel, süß-saure Ameisensuppe und in Bambusrohren gegrillter Klebereis, begleitet von lokaler Live-Musik – ein wirklich authentisches Erlebnis!
Am nächsten Morgen verkosten wir die frische Ernte, darunter unser geliebter Mật Ong Robusta, der als anaerob Natural fermentierte Ro Sẻ und der, von uns erstmals importierte Ro Êđê Anaerob Honey. Beim Cupping treffen wir auch Wills Familie, bevor wir uns herzlich verabschieden.
Uncle Thảo, unser sympathischer Fahrer, bringt uns mit seinem Van sicher zur nächsten Etappe. Auf dem Weg halten wir für frische Jackfrucht, Durian und Mangos sowie lokal produzierten Pfeffer, bevor wir auf der Organic Farm von Mr. Toi in Đắk Nông ankommen. Nach einem traditionellen Mittagessen – gebratener Fisch, Wasserspinat mit Knoblauch, süß-saure Suppe und saftiger karamellisierter Schweinebauch – pflanzen wir Bäume als Zeichen unserer langjährigen Beziehung. Plaketten mit den Logos der Röstereien und persönlichen Grußnachrichten machen sie zu besonderen Erinnerungsstücken. Ein Symbol für die langfristige Partnerschaft und Freundschaft zwischen Deutschland und Vietnam.
Am nächsten Morgen besichtigen wir die Produktionsstätte von Mr. Toi in Bảo Lộc, wo gerade unser Winey Honey produziert wird. Die Fermentation der Kaffeekirschen erfolgt in Edelstahlfässern bei konstanten 19 Grad Celsius, wodurch eine saubere, komplexe Fruchtnote mit spritziger Säure entsteht. Beim Espresso-Workshop extrahieren wir die in Deutschland gerösteten „Future Coffees“ – ein besonderes Erlebnis auch für Mr. Toi, der sich über die Gastgeschenke freut.
Nachmittags wandern wir zu Mr. Tois Robusta Farm. Der Weg führt uns durch Fruchtgärten und über eine abenteuerlich schwingende Hängebrücke, bis wir die idyllische gelegene Farm erreichen, auf der unter hohen Schattenbäumen Kaffee und Pfeffer wachsen. Am Fuß des Hügels liegt auch ein Feld, wo grüner Tee angebaut wird. Man hört Vögel zwitschern, Insekten summen, ansonsten herrscht Stille. Ein perfekter Ort, um sich inspirieren zu lassen und Mr. Toi zu lauschen, der über seine organischen Farmpraktiken erzählt. Wir knipsen Fotos, nehmen Interviews auf und wandern schlussendlich mit der untergehenden Sonne voraus zurück zur Processing Station – „Go Future“.
Am Abend genießen wir ein großes Barbecue, Karaoke und hausgemachten Reiswein. Danke, Mr. Toi!
Tag 5 & 6 – Zanya Coffee
Wir fahren weiter in die Berge, nach Đà Lạt, wo Nebelschwaden in den Baumkronen hängen und es zu regnen beginnt. Die Hauptstadt der Provinz Lâm Đồng gilt nicht zuletzt aufgrund ihres kühlen, feuchten Klimas als die Arabica-Hochburg Vietnams. Unser Ziel: Zanya Coffee. Eine familiengeführte Washing-Station am Fuße des Lang Biang-Berges mit der wir schon seit 2019 befreundet sind. Marian und Lim empfangen uns herzlich. Wir cuppen, besichtigen die beeindruckend gefüllten Gewächshäuser voller trocknendem Kaffee und begutachten die von Jahr zu Jahr optimierte Aufbereitungsstraße. Zanya ist ein tolles Beispiel für eine erfolgreich geführte Familienkooperative. Als Paul 2020 und 2021 in der Produktion arbeitete, um mehr über die Verarbeitung von Kaffee zu lernen, hockten alle noch gemeinsam auf dem Boden und sortierten die Kirschen von Hand. Jahre später sehen wir eine gut modulierte Verarbeitungsstraße und einen Betrieb, der sein Output um die drei bis vierfache Menge steigern konnte.
Als spät abends die Kaffeekirschen von der Farm geliefert werden, packen wir mit an. Für einige Stunden sitzen wir mit am Fließband, wo händisch die letzten Imperfektionen beseitigt werden, bevor die Kirschen entpulpt oder fermentiert werden. Eine eindrucksvolle Erfahrung für unsere Gruppe, das Arbeitstempo und die Atmosphäre der nächtlichen Aufbereitung kennenzulernen.
Am nächsten Tag wandern wir zur Finca und genießen den Blick übers Tal. Einige erklimmen sogar den 2.167 Meter hohen Gipfel – eine anspruchsvolle, aber lohnende Tour. Unsere Zeit in Đà Lạt rundet der Besuch lokaler Röstereien und Specialty Cafés, ein Wasserfall mit 40 Meter hoher Buddha-Statue, und der geschäftige Nachtmarkt im Zentrum ab.
Unsere letzte Station ist Lộc Rừng – unsere neuen PartnerInnen in Đăk Hơ, bei denen unsere Freundin Kate ihren Traumarbeitsplatz gefunden hat. Die jungen, ambitionierten Arabica-ProduzentInnen arbeiten auf bis zu 1.850 Metern Höhe. Mit Quads fahren wir durch den Dschungel zur Farm, helfen bei der Ernte und bereiten unseren eigenen Kaffee anaerob fermentiert auf. Wir können es kaum erwarten, den Rohkaffee in Deutschland zu rösten und zu verkosten!
Ein weiteres Highlight ist das Lộc Rừng Nursery, wo Varietäten wie Typica, THA1, Bourbon und Laurina herangezogen werden. Auch hier dürfen wir selbst mit anpacken; topfen um, sodass die Stecklinge sicher zu den Farmen transportiert werden können.
Unsere Unterkunft im Cù Lần Village, ist ein Museum zu Ehren der K’Ho und ihrer Kultur, die seit Generationen im Kaffeeanbau arbeiten. Hier erleben wir traditionelles Handwerk, Kunst und eine K’Ho-Tanzshow. Die K’Ho kennen sich bestens mit der Flora und Fauna ihrer Wälder aus und leiten uns zu einem Sagen umwobenen Ort: Hier steht ein gigantischer Baum, der über 1000 Jahre alt sein soll. In der Nähe seines Stammes finden wir diverse duftende Kräuter und Gewürze, die hier wild gedeihen. Die Energie ist besonders.
Beim Abendessen am Lagerfeuer lernen wir mehr über die Vision hinter Lộc Rừng und teilen persönliche Geschichten – ein würdiger Abschluss unserer gemeinsamen Reise.
Ein herzliches Dankeschön an unsere vietnamesischen PartnerInnen für ihre großartige Gastfreundschaft und an unsere Rösterei-PartnerInnen, die diese Reise unvergesslich gemacht haben.
Möchtest Du nächstes Mal dabei sein?
Wir planen bereits für Januar 2026! Melde Dein Interesse per Mail an: paul.lidy@cumpa.de
Dieser Artikel wurde verfasst von: Paul Lidy