Nährstoffdynamik in Canephora-Kirsche, Bohne & Pergament

– was die neue Studie für Praxis & Qualität bedeutet

Eine neue Open-Access-Studie in Scientific Reports zur Nährstoffdynamik zeigt, wann und wo sich welche Nährstoffe in der Kaffeekirsche von Coffea canephora anreichern. Sie sind getrennt nach Bohne, Pergament/Fruchthülle (husk) und ganzer Kirsche. Die Ergebnisse liefern eine wissenschaftlich belastbare Basis, um Düngung zeitlich gezielter, Sorten spezifischer und umweltverträglicher zu steuern. Besonders wichtig ist, dass Kalium (K) den Export über die gesamte Kirsche dominiert, während Stickstoff (N) in der Bohne die Hauptrolle spielt, mit einer kritischen Bedarfsphase von 35–45 Wochen nach der Blüte (WAF).


Warum diese Arbeit wichtig ist

Kaffee hat weltweit hohe ökonomische Bedeutung; C. canephora trägt wesentlich zur Produktion bei. Hohe Nährstoffbedarfe treffen vielerorts auf nährstoffarme Böden, die durch Über- oder Unterversorgung Ertrag, Qualität kosten und Umwelt (Boden/Wasser) belasten. Sorten unterscheiden sich in Reifeverlauf und Nährstoffaufnahme, wobei pauschale Empfehlungen zu kurz greifen.

Ziel der Studie: Trockenmasse-Aufbau und Makro-/Mikronährstoff-Dynamiken (N, P, K, Ca, Mg, S; Cu, Fe, Mn, Zn, B) präzise quantifizieren, und zwar getrennt nach Bohne, Hülle und gesamter Kirsche.

Praxisnutzen: Wer weiß, wann die Pflanze welchen Nährstoff wo benötigt, kann Düngergaben splitten, timen und dosieren – für stabile Erträge, bessere Tassenqualität und geringere Verluste.


Studiendesign in aller Klarheit

Ort & Bedingungen
Tropisches Klima (Aw, trockene Winter); nährstoffarmer, gelber dystropher Argisol.

Pflanzenmaterial
Sechs C. canephora-Genotypen: Pirata, Bamburral, A1, Clementino, Beira Rio 8, P1 (unterschiedliche Reifezyklen).

Bestand & Pflege
≈ 5.000 Pflanzen/ha, ~10.000 Haupttriebe/ha; geregelte Bewässerung; N, P₂O₅, K₂O in sechs Splits während der Saison.

Beprobung
Neun Zeitpunkte von 33 bis 49 WAF (Ende Fruchtausdehnung → Vollreife). Manuelle Ernte markierter Zweige; Trocknen/Wiegen der ganzen Kirschen, Trennung und Einzelverwiegung von Bohne und Hülle; Berechnung der Pod-Masse.

Analytik & Statistik

  • Nährstoffbestimmung: Kjeldahl (N); OES (P, S, B); AAS (K, Ca, Mg, Cu, Fe, Mn, Zn).
  • Standardisierung der Nährstoffmengen auf eine Produktion von 1.000 kg Bohnen bei 49 WAF.
  • Zweifaktor-ANOVA (Genotyp × Zeitpunkt) für signifikante Unterschiede.

Fig. 2. The visual ripening evolution of berries and corresponding dry beans was tracked for six Coffea
canephora genotypes (Pirata, Bamburral, A1, Clementino, Beira Rio 8, and P1) from the end of the berry
expansion phase to full ripening. This process was monitored at 33, 35, 37, 39, 41, 43, 45, 47, and 49 weeks
after flowering (WAF). For each genotype, the upper line represents the visual appearance of freshly collected
berries at each sampling point, showing the gradual change in colour, size, and ripeness from early stages to
full maturity, whereas the lower line displays the corresponding dry beans for each collection date, illustrating
the transformation in bean size, shape, and weight as the ripening process advances. Selvador et al., 2025, pp.6

canephora auswahl

Zentrale Ergebnisse

1) Trockenmasse (DM) – wohin fließt die Substanz?

Bohne: Schneller DM-Anstieg bis ~41 WAF, anschließend Plateau/leichter Rückgang.

Hülle/Pod: Verzögerte DM-Akkumulation, bis ~41 WAF stabil, dann starker Anstieg mit Peak 45–49 WAF.

Genotypische Unterschiede: Beira Rio 8 mit den höchsten DM-Werten; P1 akkumuliert am spätesten.

Interpretation: In der Spätphase verlagert die Pflanze Photoassimilate stark in die Bohne; gegen Ende nimmt die Respiration zu; DM-Zuwachs der Bohne flacht ab, während die Hülle final zulegt.

2) Konzentrationen – wie verändern sich die Gehalte?

Bohne (Trends über die Reife):

  • N und K: tendenziell abnehmend.
  • Mg: sinkt bis ~45 WAF.
  • Zn: markanter Anstieg, zwischen 35–37 WAF sogar >100 %.
  • B: allmählich sinkend.

Hülle/Pod:

  • K: sehr hoch und deutlich zunehmend bis ~43 WAF.
  • Zn ↔: umgekehrter Verlauf zur Bohne – Zunahme in der Bohne, Abnahme im Pod.
  • Fe: in Bohne und Pod durchweg höher als andere Mikronährstoffe.

3) Akkumulierte Nährstoffmengen (auf 1.000 kg Bohnen standardisiert)

Bohne:
Stickstoff (N) ist die am stärksten akkumulierte Größe (Zunahme über die Reife).

Hülle/Pod:
Kalium (K) akkumuliert am meisten (Peak je nach Genotyp 41–45 WAF).

Ganze Kirsche:
Exportreihenfolge K > N > Ca > P ≈ Mg > S (Makros) und Fe > B > Mn > Cu > Zn (Mikros).

Kritisches Zeitfenster:
N-Bedarf besonders hoch zwischen 35 und 45 WAF.


Was heißt das für Düngung, Ernte & Qualität?

1) Düngestrategie phänologisch timen

  • N in die Füllphase (35–45 WAF) legen – hier entscheidet sich Kornfüllung und Protein-/Enzymhaushalt der Bohne.
  • K länger strecken (bis >43 WAF): K steuert Osmoregulation, Zuckertransport, Enzymaktivierung, N-/C-Metabolismus, Photosynthese; Beitrag zur Kornfüllung/-masse
  • Zn-Management differenzieren: steigende Bohnen-Zn bei fallendem Pod-Zn spricht für Verlagerung (Mangel/Überschuss vermeiden)
  • Fe stets im Blick: als dominanteres Mikroelement potenziell limitierend.

2) Genotypspezifisch denken

  • Beira Rio 8 (hohe DM) vs. P1 (späte Akkumulation): Erntefenster und Split-Gaben sortenspezifisch anpassen – „one size fits all“ verschenkt Potenzial.

3) Umwelt & Kosten

  • Gesplittete, bedarfsgerechte Gaben reduzieren Verluste (Auswaschung/Emissionen) und Kosten, gerade auf armen Argisol-Böden.

Praktische Leitlinien

Die Leitlinien lassen sich am besten als klarer Arbeitsfluss denken:

Beginnend mit dem Blütedatum. Daraus berechnet ihr die Wochen nach Blüte (WAF) und plant die Maßnahmen entlang der entscheidenden Fenster. Vor Saisonstart folgen Boden- und Blattanalysen, damit Düngung und Korrekturen nicht im Blindflug passieren.

Ab 35–45 WAF richtet ihr den Fokus auf Stickstoff: in mehreren kleinen Splitgaben, die die Kornfüllung stützen, statt in einem großen Bolus, der leicht verloren geht. Kalium begleitet ihr länger (bis >43 WAF) weil es Wasserhaushalt, Zuckertransport und damit Ertrag und Struktur im Cup trägt; auch hier lieber moderat und wiederholt statt einmalig und hoch.

Parallel beobachtet ihr die Mikronährstoffe: Zink nimmt in der Bohne zu, im Pod ab > ein Zeichen für Verlagerung; Eisen bleibt überdurchschnittlich wichtig. Prüft darum die Blattwerte gezielt in den Fenstern 35–45 WAF (N, Zn) und 41–45 WAF (K) und koppelt Gaben an Wasserverfügbarkeit (aus den Befunden ableitbar = keine Applikation vor Starkregen, möglichst in den Boden einarbeiten oder bodennah applizieren).

Achtet auf Genotypen: spätreifende Linien verschieben die Fenster; DM- und Nährstoffkurven sind nicht identisch, also Ernte und Splits sortenspezifisch timen. Notiert alles (Düngung, Wetter, Reife, Ertrag, Screen/Dichte und Cup) und legt euch einen Feedback-Loop an: Quartalsweise kalibrieren, Abweichungen korrigieren, Dosierung und Zeitpunkte nachschärfen. So minimiert ihr Verluste und Umweltlast, spart Kosten und übersetzt die physiologischen Befunde der Studie in robuste, qualitätsorientierte Feldpraxis.


Grenzen der Studie

Die Ergebnisse sind stark, aber bewusst kontextgebunden. Untersucht wurde ein Standort mit Aw-Klima und gelbem, nährstoffarmem Argisol – Bedingungen, die sich nicht 1:1 auf andere Böden, Höhenlagen oder Regenmuster übertragen lassen. Auch das Genetik-Spektrum ist begrenzt: Sechs C. canephora-Genotypen (mit unterschiedlichen Reifezyklen) geben wertvolle Hinweise, ersetzen jedoch keine flächendeckende Sortenprüfung. Der Zeitkorridor von 33 bis 49 Wochen nach Blüte (WAF) bildet die Phase von der Fruchtausdehnung bis zur Vollreife präzise ab, lässt aber frühere Entwicklungsstadien außen vor. Zudem erfolgte das Nährstoffmanagement unter kontrollierter Bewässerung und mit vordefinierten, gesplitteten N-, P₂O₅- und K₂O-Gaben; andere Düngestrategien, organische Quellen oder regenwasserabhängige Systeme wurden nicht getestet. Die Standardisierung der Nährstoffmengen auf eine Produktion von 1.000 kg Bohnen (49 WAF) erleichtert Vergleiche, ist aber ein Modellschritt, der betriebliche Erträge und Erntetermine nur approximiert. Schließlich verknüpft die Arbeit die Gehaltsdynamiken nicht direkt mit Cup-Qualität, Ertragseffizienz oder Umwelteffekten, dies bleibt Aufgabe nachgelagerter Praxis- und Multistandortstudien.


Fazit

Trotz dieser Grenzen setzt die Studie einen klaren Markstein für die praxisnahe Nährstoffsteuerung in Canephora: Kalium (K) erweist sich über die gesamte Kirsche hinweg als Leitnährstoff und sollte bis in die späte Reife konsequent und bedarfsgerecht begleitet werden. In der Bohne prägt Stickstoff (N) die Akkumulation, mit einem kritischen Bedarfsfenster zwischen 35 und 45 WAF, in dem gezielte N-Splits die Kornfüllung und damit Potenzial für Ertrag und Qualität absichern. Dass sich Genotypen in Trockenmasse und Nährstoffverläufen messbar unterscheiden, spricht gegen Pauschalrezepte: Erntefenster und Düngung gehören phänologisch und sortenspezifisch geplant. Wer diese Befunde in Feldkalender, Blatt-/Bodenmonitoring und Split-Strategien übersetzt, reduziert Verluste, schont Ressourcen und rückt das Qualitätspotenzial von Canephora näher an die Tasse. Der nächste Schritt sind Multi-Site-Versuche, die das hier gezeigte Nährstoff-Timing direkt mit Cup-Scores, Wirtschaftlichkeit und Umweltwirkung verknüpfen, damit aus präziser Diagnose dauerhaft bessere Entscheidungen werden.


Quellen

» Mehr lesen

Salvador, H. P., Vieira, H. D., Gontijo, I., Marques, I., Ramalho, J. C., & Partelli, F. L. (2025). Nutrient dynamics in the berry, bean, and husk of six Coffea canephora genotypes throughout fruit maturation. Scientific Reports, 15(1). https://doi.org/10.1038/s41598-025-13171-4

 


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Clara Schumann

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