Krieg in DR Kongo: Eine Region in Not

Besuch in einem Camp bei Goma. Man schätzt ca. 700.000 Binnenvertriebene.

Interview mit Chance Rwesi Urbain

Der bewaffnete Konflikt im Osten der Demokratischen Republik Kongo (DRK), insbesondere in der Region Nord-Kivu, ist seit 2022 eskaliert. Die von Ruanda unterstützte Miliz „Mouvement du 23 Mars“ (M23) hat zahlreiche Städte und Dörfer besetzt, darunter Bunagana, Rutchuru und Masisi. Am 28. Januar 2025 fielen auch die Städte Minova, Sake und Goma in die Hände der Rebellen.

Diese Krise ist nicht nur eine humanitäre Katastrophe, sondern hat auch wirtschaftliche Gründe. Die Region Kivu ist reich an wertvollen Bodenschätzen und somit besonders attraktiv zur Übernahme. Der Krieg hat dramatische Auswirkungen auf die Bevölkerung: Hunderttausende sind vertrieben, es fehlt an Nahrungsmitteln, Wasser und medizinischer Versorgung.

Auch die Kaffeeproduktion, ein wichtiger Wirtschaftszweig in der Region, leidet stark. Normalerweise beginnt die Ernte im Februar, aber viele Bauern sind nicht mehr in der Lage, ihre Felder zu bewirtschaften. Der Kaffee wird in den von den Rebellen gehaltenen Gebieten geplündert und über Ruanda exportiert.

Wir sprachen mit Chance Rwesi Urbain, dem Geschäftsführer der CPNCK-Kaffeekooperative. Er spricht über die Herausforderungen, vor denen die Kaffeebauern derzeit stehen, und appelliert an die internationale Gemeinschaft, die Krise nicht zu ignorieren.

Chance Rwezi
Chance Rwezi, Director of the coffee cooperative CPNCK on the island of Idjwi in Lake Kivu,
DRC; photo from Season 2 in Congo — What if we get it right?

Können Sie uns einen kurzen Überblick über die aktuelle Situation geben und erklären, welche Städte besonders betroffen sind?

Die Situation im Osten der Demokratischen Republik Kongo, insbesondere in Nord-Kivu, ist seit 2022 für die Bevölkerung katastrophal, als die Miliz der Bewegung des 23. März (M23), unterstützt von Ruanda, die Grenzstadt Bunagana besetzte. In der Folge wurden mehrere weitere Ortschaften in Nord-Kivu, darunter Rutchuru und Masisi, ebenfalls von derselben Miliz eingenommen. Anfang 2025 fielen am 28. Januar die Städte Minova, Sake und Goma vollständig in die Hände der M23.

Es ist zu beachten, dass dieser unserem Land aufgezwungene Krieg wirtschaftlich motiviert ist, da die Region Kivu über außergewöhnlich reiche Bodenschätze und mineralische Ressourcen verfügt.

Wie wirkt sich die derzeitige Situation auf das tägliche Leben der Anwohner aus, auch auf Ihres?

Dieser Krieg hat die Bevölkerung schwer getroffen, da viele Menschen zu Flüchtlingen im eigenen Land geworden sind. Sie leiden unter einem Mangel an Nahrung, Wasser und medizinischer Versorgung.

Die Bauern in den betroffenen Gebieten haben ihre Felder und Ernten aufgegeben, was zu Hungersnot und steigenden Preisen für Grundnahrungsmittel in der gesamten Region geführt hat. Die landwirtschaftlich nutzbaren Flächen sind nun von M23-Rebellen und ihren ruandischen Verbündeten besetzt, was jede landwirtschaftliche Tätigkeit unmöglich macht.

MONUSCO Urubatt armored vehicles patrol the streets of Goma for civil defense
MONUSCO Urubatt armored vehicles patrol the streets of Goma for civil defense | Wikipedia | MONUSCO/Sylvain Liechti | CC BY-SA 2.0

Inwieweit wurde die Kaffeeproduktion durch den Konflikt beeinträchtigt?

Die Hauptkaffeeernte beginnt Anfang Februar und endet im Juni. Derzeit ist die Ernte in den besetzten Gebieten äußerst schwierig, da die lokale Bevölkerung geflohen ist. Lediglich die Rebellen verbleiben, um den Kaffee zu ernten, der anschließend nach Ruanda transportiert und dort als ruandischer Kaffee exportiert wird.

Zudem leidet die Kaffeeproduktion darunter, dass die Genossenschaften, die den Kaffee von den Produzenten sammeln, keinen Zugang mehr zu Krediten von Mikrofinanzinstituten (MFIs) und Banken haben, da diese Institutionen geschlossen sind.

Was sind derzeit die größten Sorgen der Kaffeebauern?

Das wichtigste Anliegen der Kaffeeproduzenten ist die Wiederherstellung des Friedens in ihren Regionen, damit sie ihre Arbeit auf den Feldern wieder aufnehmen können.

Möchten Sie Ihren Kunden, den Kaffeeliebhabern oder der Community etwas über die aktuelle Situation mitteilen?

Wir möchten ihnen mitteilen, dass die Situation für die Bauern und die lokale Bevölkerung äußerst alarmierend ist und ein weltweites Engagement erfordert – in Form von internationaler, diplomatischer, materieller und finanzieller Unterstützung.

Welches sind die größten Einschränkungen und Herausforderungen, mit denen Sie in den kommenden Jahren konfrontiert sein werden?

Die Herausforderungen und Einschränkungen werden enorm sein:

  1. Die Bevölkerung, insbesondere die Jugend, wird die Dörfer zunehmend verlassen, da die andauernden Kriege die Lebensgrundlagen zerstören. Dies führt zu einem gravierenden Arbeitskräftemangel und steigenden Kosten. Der ländliche Exodus und die Migration werden weiter zunehmen.
  2. Einige Kaffeeplantagen sind vom völligen Verlust bedroht, da sie aufgrund von Verlassenheit und fehlender Pflege von der Natur zurückerobert werden.
  3. Die Bevölkerung ist tief traumatisiert – es gibt bereits viel zu viele Waisen, Witwen und Witwer. Familien werden auseinandergerissen, das Bildungsniveau sinkt, Nahrungsmittelunsicherheit und Armut nehmen zu, während sich Krankheiten ungehindert ausbreiten.

Welche Maßnahmen ergreifen Sie derzeit, um diese schwierige Zeit zu bewältigen?

Widerstandsfähigkeit und psychosoziale Motivation.

Wie können wir Sie als Partner in dieser Zeit unterstützen?

Wir benötigen jede Form der Unterstützung, die dazu beitragen kann, das durch diesen Krieg verursachte Leid zu lindern – insbesondere psychosoziale Hilfe für die Produzenten.

Am wichtigsten ist jedoch, dass wir auf euch zählen, die Welt darüber zu informieren, dass der Osten der Demokratischen Republik Kongo bereits über 12 Millionen Menschenleben durch die ruandische Aggression verloren hat.

Wir sind erschöpft – wir brauchen jetzt Frieden.

DR Kongo people standing by the lake
Cumpa zu Besuch in DR Kongo 2021

Weitere Informationen über die Geschichte DR Kongo mit Cumpa finden Sie HIER.

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