Behind the Beans: Paul Lidy, CUMPA

Behind the Beans Paul Lidy

Über „Behind the Beans“

Seit der Gründung von cumpa haben wir schon viele spannende Persönlichkeiten aus der Kaffeewelt kennen gelernt und Freundschaften geschlossen. Bei „Behind the Beans“ wollen wir euch diese vorstellen und gemeinsam einen Blick hinter die Kulissen werfen. Für unsere neueste Ausgabe haben wir Paul Lidy, unseren cumpa, Quality Control & Relations Manager interviewt. Paul hat unser Team in vielen Bereichen bereichert und cumpa seit 2022 entscheidend mitgeprägt. Wir blicken bereits auf drei tolle Jahre Zusammenarbeit zurück.

Behind the Beans: Paul Lidy, CUMPA

Was ist dein Verhältnis zu cumpa?

Seit Februar 2022 bin ich Teil des cumpa Teams. Ein Re-Import aus Vietnam, könnte man sagen. Ich hatte schon dort mit Kaffee gearbeitet, als Daniel mich über einen gemeinsamen Freund in der Kaffeeindustrie kennenlernte und kurzerhand in Vietnam besuchen kam. Das war Ende 2020. Zu der Zeit importierte cumpa bereits kleinere Mengen Rohkaffee aus Vietnam und wollte weitere Partner*innen vor Ort kennenlernen. Damals stellte ich die Beziehungen zu Zanya & Tamba Coffee her, mit denen ich durch meine kleine Rösterei in Saigon bereits zusammenarbeitete. Die erste Full-Container-Load wurde bestellt, und mir wurde ein Platz im cumpa Team angeboten.
Zu diesem Zeitpunkt hatte ich den größeren Teil meines Erwachsenenlebens in Asien verbracht. Zum ersten Mal empfand ich den Gedanken, zurück nach Deutschland zu ziehen, als einen Schritt nach vorn. Es hat einfach alles so gut gepasst! Heute bin ich Head of Quality & Relations Manager bei cumpa, baue die Beziehungen mit meiner zweiten Heimat Vietnam weiter aus und arbeite im engen Austausch mit Röstereien in Europa.

Warum hat es dich in die Kaffeeindustrie verschlagen?

Als ich 2016 aus Deutschland ausgewanderte, verbrachte ich einige Monate in den Bergen Keralas in Indien. Auch dort wird viel Kaffee angebaut, was mich zu dem Zeitpunkt schon sehr faszinierte – jedoch nur aus der Perspektive eines neugierigen Kaffeekonsumenten. Ein halbes Jahr später durchquerte ich Vietnam von Nord nach Süd auf einem Motorrad, wobei ich mich in das Land, die warmherzigen Menschen und die lebendige Kultur verliebte. Drei Jahre arbeitet ich fortan als Deutschlehrer in einer kleinen Schule in Ho Chi Minh City, der wuseligen Metropole im Süden des Landes, die von den meisten Menschen bis heute bei ihrem alten Namen „Saigon“ genannt wird.
Seine Zeit verbringt man dort viel in den charmanten Cafés, die sich an jeder Straßenecke und in jeder Gasse finden. Die Kaffeekultur – dominiert von lokal angebautem Robusta Kaffee – ist omnipräsent! An einem regnerischen Tag während der Monsunzeit saß ich in meinem Lieblingscafé und fasste den Entschluss, eines Tages auch mit Kaffee zu arbeiten. Ich war fasziniert von der zentralen Rolle, die Kaffee und vor allem die Cafékultur in der vietnamesischen Gesellschaft spielten, und die Leidenschaft, mit der das Getränk zubereitet und serviert wurde. Gleichzeitig hatte ich in den Bergen Menschen kennengelernt, die Kaffee produzierten. Bei ihnen durfte ich immer wieder einige Wochen während der Erntezeit verbringen, um in der Produktion mit anzupacken.
Mein Entschluss war gefasst: eine Rösterei zu eröffnen und die Geschichte der Menschen zu erzählen, die den Kaffee anbauten. Zwei Monate später, im November 2019, absolvierte ich meine erste „SCA Foundation & Intermediate Roasting Class“ und gründete wenige Monate später mit einem guten Freund mein erstes kleines Kaffeeunternehmen in Vietnam.

Was gefällt dir an der Spezialitätenkaffeebranche?

Die Offenheit und Leidenschaft, mit der einem Menschen in der Kaffeeindustrie begegnen, habe ich so noch nie erlebt. Man hat das Gefühl, dass ein Funke überspringt, wenn man sich miteinander austauscht. Sowohl im Ursprung als auch in Europa habe ich Menschen im Kaffee kennengelernt, die ich schon nach kurzer Zeit ins Herz geschlossen habe und nun zu meinen Freunden zählen darf. Kaffee ist ein wirklich starker gemeinsamer Nenner.

Was willst du mit Kaffee erreichen?

Meine Vision war von Anfang an klar und hat sich nicht verändert: Ich möchte die Geschichte der Menschen erzählen, die den Kaffee produzieren. Eine Brücke zwischen Kulturen schlagen, die über den Genuss von Kaffee hinausgeht. Es ist mir wichtig, dass die Kaffeeproduzierenden ebenso Einblicke in das Leben und die Kaffeekultur in Europa erhalten.

Durch die Besuche unserer Partner*innen in Europa sowie durch unsere regelmäßigen Besuche im Ursprung und die geführten Kaffeereisen für Röstereien haben wir mit cumpa die Chance, der enormen Informationsasymmetrie etwas entgegenzuwirken.

Durch langfristige Geschäftsbeziehungen – in guten wie in schwierigen Zeiten – schaffen wir Vertrauen und nachhaltige Einnahmequellen, die Menschen perspektivisch im Kaffeeanbau halten. Für die meisten Menschen, die weltweit in den Kaffeeanbau involviert sind, spielen Leidenschaft und Stolz in ihrer Arbeit bis heute keine Rolle; das ist die Realität. Als Importeure mit direkten Beziehungen zu den Produzierenden haben wir die Chance, dies zu verändern.

Was bedeutet (Spezialitäten-) Kaffee für dich?

Spezialitätenkaffee bedeutet für mich aus Konsumentensicht, neugierig zu sein, was die Herkunft und die Aufbereitung des Kaffees angeht. Fragen zu stellen. Mit dem Kaffee zu experimentieren und zu versuchen, bei der Extraktion ein tolles Geschmackserlebnis zu erzeugen.

Was einen Kaffee zum Spezialitätenkaffee macht, ist multifaktoriell. Es muss nicht immer super fancy sein. Nachverfolgbarkeit zum Farmer, gute Löhne entlang der Wertschöpfungskette und eine saubere Tasse leckeren Kaffees machen den Kaffee dann zur Spezialität.

Was ist das Verrückteste, das dir im Kaffeekontext je passiert ist? 

Mir sind sicher schon viele komische oder verrückte Dinge über den Weg gelaufen, seitdem ich mit Kaffee arbeite. Ein Moment, an den ich sehr gerne zurückdenke, ist noch vor meiner Zeit als Coffee Professional: Als ich meinen allerersten Pour Over serviert bekam, war ich schwer enttäuscht, dass ich gerade fünf Euro für eine dünne Plörre ausgegeben hatte, und beschwerte mich bei meiner Freundin, die mich dorthin mitgenommen hatte.

Es war mein erster Besuch in einem Specialty Coffee Shop in Saigon, nachdem ich jahrelang fast ausschließlich traditionell gebrühten Robusta getrunken hatte. Erst circa ein Jahr später öffnete sich mein Verständnis für die Welt des Filterkaffees, welchen ich heute absolut liebe.

Mit welchem Kaffeevorurteil möchtest du aufräumen?

Sicherlich ist dieser Punkt keine Überraschung mehr: Robusta. Canephora…

Ich bin in einer Kaffeekultur „großgeworden“, in der es kein Vorurteil gegenüber Canephora gab. Der 100 % Fine Robusta war selbstverständlich der Bestseller meiner kleinen Rösterei in Saigon, da die lokale Kaffeekultur vom Robusta geprägt war – und bis heute ist. Ich empfehle jedem, mit uns nach Vietnam zu reisen, um dort die vielfältigen Zubereitungsmethoden dieses tollen Kaffees zu erkunden.

Für mich ist Canephora, neben seinem botanischen Potenzial, ein wichtiger Bestandteil im Specialty Coffee der Zukunft – schon jetzt ein absoluter Kracher. Durch die Gründung des Canephorums haben wir einen Grundstein gelegt, die Neugier und Wertschätzung gegenüber dieser faszinierenden Kaffeespezies anzufeuern.

Auf welches Kaffee-Highlight freust du dich aktuell am meisten?

Im Januar 2025 führe ich nun zum zweiten Mal eine Gruppe von Röster*innen durch Vietnam. Wir besuchen vier unserer Partner*innen vor Ort und lernen gemeinsam allerhand über die Welt des Kaffeeanbaus. Nach dieser gemeinsamen Reise geht es für mich noch weiter in ein Kaffeeanbauland, in dem ich mit cumpa derzeit neue Kontakte knüpfe. Hoffentlich kann ich euch schon bald mehr davon berichten!

Zurück in Europa geht dann die Festivalsaison wieder los, und ich freue mich auf die Begegnungen mit Kaffeeexpert*innen aus aller Welt!

Bei meinem letzten Vietnambesuch habe ich außerdem meinen Q-Robusta-Grader erfolgreich abgeschlossen und ich freue mich nun auf die Qualitätskontrolle unserer Kaffees aus Peru, Vietnam, Panama und der Demokratischen Republik Kongo. So viele tolle Kaffees probieren zu dürfen und sie Euch anschließend zu präsentieren, ist ein wirklich großartiger Teil meiner Arbeit.

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